Seit mehr als 1000 Jahren wird auf den Steilhängen, Terrassen und sanften Hügeln von Saale und Unstrut Wein angebaut. Doch das eher gemäßigte kühle Klima und die unterschiedlichen Böden sind besonders in Zeiten der Wetterextreme und steigenden Temperaturen für den Weinbau ein entscheidender Vorteil.
Mehr als Schulgeologie
Auf den 10-30% geneigten Hängen treten an einigen Stellen seltene Orchideenarten wie der Fliegen-Ragwurz, das Purpur-Knabenkraut oder der Braunrote Sitter auf. Daher stehen auch viele der für die Region charakteristischen Feldfluren, Trocken- und Halbtrockenrasen sowie naturnahen Laubwäldern und Streuobstwiesen unter Naturschutz.
Diese Vielfalt in dem vergleichsweise kleinen Anbaugebiet sorgt für mannigfaltige und individuelle Charakteristika im Wein, von ausgeprägten mineralischen Noten bis hin zu aromatischer Kraft.
Der eigentliche Freyburger Schweigenberg ist das Herzstück der Region und beschränkt sich im Verständnis der Winzer auf die Rebhänge, die sich über 1 km entlang der Unstrut bis in die Stadt Freyburg erstrecken. Dank seiner Terrassierung und der kleinen Weinbergshäuschen ist er wohl der markanteste Weinberg des gesamten Anbaugebiets.
Das milde Mikroklima der nach Süden exponierten Steillagen wird von der Unstrut bestimmt. Der aufliegende Muschelkalk, der oftmals schon nach 50 Zentimetern auf gewachsenen Kalkstein trifft, dient als idealer Wärmespeicher. Es wachsen mediterrane Pflanzen wie wilder Thymian und Steinweichseln. Die Weine kennzeichnet dank der tiefen Rebwurzeln eine wiedererkennbare Mineralität und dezente Fruchtigkeit, mit einem kleinen, aber deutlichen Kräuteranteil.
Der Name Freyburger Edelacker geht auf die Sage von Ludwig dem Eisernen zurück. Der Landgraf von Thüringen soll um 1170 die Unterdrückung seiner Bauern durch die Adligen gerächt haben, indem er die Edelleute vor seiner Burg vor den Pflug spannte. Die Rebgärten schließen heute in östlicher und westlicher Richtung an den Stadtraum an. Die Weine der besten Parzellen sind durch die ausgeprägte mineralische frische Note gekennzeichnet und wirken besonders beim Grauburgunder, Weißburgunder und Riesling etwas kräftiger.
Südhänge entlang der hier im weiten Bogen verlaufenden Unstrut prägen das Dorndorfer Rappental – ein Märchen berichtet von einem in einen Rappen verwandelten Grafensohn, der hier weiden musste. Die Lage zwischen Dorndorf und Kirchscheidungen ist zwar weniger bekannt als der Schweigenberg, weist aber ein hohes Potential für die Zukunft auf. Die Muschelkalk-Lage mit Toneinschlüssen und Gipskeuperschichten ist tiefgründig, was in zunehmend trockenen Jahren durchaus ein Vorteil ist. Gut gemacht überzeugen die hiesigen Weine durch eine ausgewogene Mineralität.
Die Burgscheidunger Veitsgrube am Südhang des Galgenbergs über den Ufern der Unstrut ist nach den mittelalterlichen Veitstänzen benannt, mit denen böse Geister vertrieben wurden. Nur noch Insekten tanzen heute über die Blüten von Knabenkraut oder seltenem Bienen-Ragwurz, die am Rand der 10-30% geneigten Hänge gedeihen. Die Bodengeologie wird von Schluff- und Tonsteinen dominiert. Brocken des darunterliegenden Kalk- und Dolomitstein kommen an vielen Stellen an die Oberfläche. Die kleine Einzellage bringt feingliedrige Weine hervor, die den rebsortentypischen Fruchtaromen ausreichend Raum bieten.
Das Naumburger Sonneck liegt am Zusammenfluss von Saale und Unstrut. An den sogenannten Klingerweinberg schließen sich hier weitere, terrassierte Südhänge im ehemaligen Überschwemmungsgebiet an. Die kleinen Parzellen liegen auf Buntsandsteinverwitterungsböden mit Geschiebemergel; so finden sich hier auch eiszeitliche Feuersteine. Die Reben der sonnenverwöhnten Hänge bringen sehr ausgewogene und gradlinige Weine hervor.
Das Landesweingut bewirtschaftet exklusiv den ältesten Terrassenweinberg der Region. Der Gosecker Dechantenberg – benannt nach den Dekanen, Vertretern des Priesterstandes – ist in Saale-Unstrut der einzige Rebgarten auf fast reinem Buntsandstein. An der Oberfläche macht sich dies durch Feld-Klettenkerbel und Sand-Mohn bemerkbar. Für diese Lage sind extrem niedrige Erträge und Weine mit ausgeprägter Mineralik charakteristisch.
Der Höhnstedter Kreisberg gehört zu den nördlichsten deutschen Weinbaulagen. 1920 wurde hier ein Musterweinberg angelegt, um die Winzer ringsum mit den neuartigen Pfropfreben vertraut zu machen. Dafür kaufte die damalige Verwaltung des Mansfelder Seekreises diesen Berg, der seitdem Kreisberg heißt. Sein Mikroklima wird vom Süßen See und dem direkten Einfluss der Harzlandschaft bestimmt. Dank der Mischung von Buntsandsteinböden mit Schiefertonen, Löß und Lehm weisen seine Weine Gradlinigkeit und eine mineralische Spur auf. Trocken ausgebaut stehen würzig-herbale Noten im Vordergrund. Die Weine sind quirliger als im Süden der Region und bleiben lange haltbar.
Auch die Seeburger Himmelshöhe gehört zu den nördlichsten deutschen Weinbaulagen. Sie wurde erst in den 1990er Jahren aufgerebt und ist daher eine der jüngsten der Region. Ihren Namen erhielt sie aufgrund ihrer „himmelhohen“ Erhebung von 187m. Aufgrund der Seenlandschaft weht hier häufig eine kräftige und kühlende Brise. Die Weine aus dieser Lage kennzeichnen sich durch ihre filigrane Struktur, eine große Finesse und lebendige Frische.
Ob sich immer noch Dachse an den Trockenmauern wärmen, ist unbekannt, Urkunden bezeugen jedoch seit 1216 den Traubenanbau an diesen Hängen bei Kleinheringen. Der Kaatschener Dachsberg liegt auf thüringischem Gebiet und bringt aufgrund der süd-südwestlichen Exposition, den Muschelkalkverwitterungen mit seinen seltenen Travertinschichten und der sanfteren Hangneigung sehr kompakte, tiefgründige und dichte Weine hervor.
Seit dem Mittelalter trägt der Naumburger Steinmeister seinen Namen in Erinnerung an die vielen Architekten und Steinmetze, die während des Baus am nahegelegenen Kloster Pforta mit Weinen von diesen Flächen versorgt wurden. Die Weingärten liegen zu einem kleineren Teil in Steillagen. Hier dominiert Wellenkalk, eine untere Ablagerungsschicht des Muschelkalks. Die Reben bringen hier Weiß- und Rotweine von feinnerviger bis kraftvoller Mineralik hervor.
Die Rebgärten des Saalhäuser, einer Monopollage des Landesweinguts Kloster Pforta, liegen idyllisch direkt über der Saale. Die Reben wachsen hier größtenteils auf Muschelkalkverwitterung und bringen maskuline und gehaltvolle Weine mit großem Potential hervor.
Beim Pfortenser Köppelberg handelt es sich um eine Monopollage des Landesweinguts Kloster Pforta. Sein Name leitet sich vermutlich von dem charakteristischen Umhang ab, den die Mönche bei der Arbeit über der Kutte trugen. Die Weine des Köppelbergs haben eine schöne ausgeprägte mineralische Spezifik mit feingliedriger Struktur.
Der Tultewitzer Bünauer Berg ist eine der kleinsten Einzellagen im Weinanbaugebiet Saale-Unstrut. Ihre Hänge neigen sich 10-30% und sind nach Südosten ausgerichtet. Im Jahre 2011 wurde sie vom Thüringer Weingut Zahn aus Kaatschen für sich entdeckt und aufgerebt. Der Berg gehörte einst dem Adelsgeschlecht derer von Bünau, die zwar Bischöfe von Naumburg oder Ritter von der Rudelsburg hervorbrachten, aber keine ausgewiesene Weinbautradition pflegten. Die vielschichtige Bodenstruktur bringt druckvolle Weine mit einer facettenreichen Mineralik und dezenter Frucht hervor.